Krisenzeit ist Zeit der Exekutive. Kirchenleitungen haben so gut wie möglich agiert. Jetzt ist es höchste Zeit, das Ehrenamt in der Leitung wieder deutlicher sichtbar zu machen. Nur so können die beschleunigten Veränderungsprozesse gemeinsam gut bewältigt werden. Partizipation ist kein Luxus, sondern gut evangelisch.
Gute Kommunikation in Krisenzeiten erklärt nicht nur, was getan werden muss, sie informiert über Hintergründe, verschweigt nicht die Alternativen und vor allem: Sie beteiligt. Nur so gelingen Entscheidungen, die akzeptiert werden und fehlertolerant wirken.
Um es gleich klarzustellen: Dass Kirchenleitungen und Hauptamtliche in Krisenzeiten besonders gefordert sind, ist unbestritten. Aber Kirchenvorstände und Synoden, die mit einem Mandat in die Leitung gewählt oder berufen wurden und die vielen Ehrenamtlichen, die vor Ort Verantwortung übernehmen, dürfen nicht außen vor bleiben.
Immer wieder kamen während des Lockdowns Rückmeldungen von Kirchenvorständen. Ihre Erfahrung: Wo bereits vor Corona Wert auf gute Kommunikation gelegt wurde, da funktioniert das auch während Corona gut: Via Mail, Telefon, Videokonferenz oder „über den Gartenzaun“ bleibt man informiert, überlegt und handelt gemeinsam. In einem Umfeld vertrauensvoller Kommunikation gibt es eine breite Akzeptanz von Umlaufbeschlüssen und Videokonferenzen und pfiffige Ideen für Kontakte innerhalb und außerhalb der Gemeinde. Oft waren jüngere Ehrenamtliche digitale Wegbereiter. Dazu O-Töne aus der Umfrage „Ehrenamt in Corona-Zeiten“ :
„Auch wenn Videokonferenzen kein Ersatz für ein persönliches Treffen sind, sind sie doch eine gute Möglichkeit sich auszutauschen und dabei Ressourcen zu schonen“ und „denken, kreativ sein, war auch im Lockdown möglich, vielleicht sogar mehr als vorher“.
Die Kehrseite: Wo es zuvor schon mit der Kommunikation hakte, herrscht unter Corona-Bedingungen weitgehend Funkstille: „Es ist alles wie eingeschlafen, kaum mehr Kommunikation, wenige Informationen wer über was nachdenkt oder wer was noch macht“ und „keine noch so gute Videokonferenz kann auf Dauer den persönlichen Austausch ersetzen“.
Es ist also Zeit für eine Vergewisserung des Miteinanders von Ehren- und Hauptamt. Dass Kirche - aus den bekannten Gründen - in Zukunft ehrenamtlicher sein wird, ist klar – dass das Miteinander gut bleibt oder wird, braucht den Willen und das Handeln aller Beteiligten.
Los geht es mit einem vielfachen Lassen: „Die Hauptamtlichen können sehr schwer loslassen und Vertrauen in die Ehrenamtlichen setzen“, so ist häufig zu hören. Es geht also ums Loslassen, Zulassen und Ranlassen – damit Ehrenamtliche ihr Potenzial entfalten können.
Das geschieht in etablierten Aufgaben und Ämtern – von der Leitung in Vorständen, Synoden und Präsidien, im Gottesdienst mit Lektoren und Prädikantinnen, in Seelsorge, Besuchsdienst, Musik und in der Öffentlichkeitsarbeit – analog und digital.
Darüber hinaus gibt es reichlich Luft nach oben: So ist es seit vielen Jahren möglich, den 1. Vorsitz im Kirchenvorstand ehrenamtlich zu besetzen, was gerade in Vakanzzeiten ein Segen sein kann. Außerdem sollen Ehrenamtliche mit Leitungsaufgaben einen leichten Zugang zu qualifizierten Fort- und Weiterbildungen haben. Das hilft, sich mit hoher Kompetenz und Verantwortung in die Zukunftsthemen von Gemeinde und Kirche einzubringen.
Ich frage mich: Gibt es überhaupt einen Bereich kirchlichen Engagements, der nicht auch ehrenamtlich getan werden kann – idealerweise gemeinsam von Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen?
Pfarrer Martin Simon, Referent für Kirchenvorstand und Gemeindeleitung im Amt für Gemeindedienst der ELKB in Nürnberg
Die Auswertung der Umfrage.