Anfänge des "Presbyteriums" in der Urgemeinde
Schon in der Frühzeit des Christentums wurde die Gemeinde durch ein gewähltes Gremium geleitet (Apostelgeschichte 6,5; 15,6; 21,18). Diese Gruppe von Männern, die man die "Ältesten", griechisch "Presbyter", nannte, gab der Gemeindeleitung ihren griechischen Namen "Presbyterium". So heißt der Kirchenvorstand in manchen Landeskirchen noch heute. Die Ältesten hatten das Recht, Prediger zu berufen (1. Timotheusbrief 4,14) und genossen höchste Autorität (1. Petrusbrief 5, 1-5). Allerdings verlor sich die Form der Gemeindeleitung durch ein "Presbyterium" im Laufe der Kirchengeschichte. Unter dem Einfluss des Apostels Paulus wurden die Ältesten schon im 1. Jahrhundert nicht mehr gewählt, sondern berufen. Und bald gab es für eine Gemeinde nur noch einen "Hirten" - aus dem Presbyterium wurde der Priester.
Das "Priestertum aller Gläubigen" - Wiederentdeckt in der Reformationszeit
Erst in der Reformationszeit im 16. Jahrhundert wurde das "Priestertum aller Gläubigen" wieder entdeckt. Martin Luther widersprach der "Pfaffenkirche", so etwa in seiner Schrift "Dass eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen, Grund und Ursache in der Hl. Schrift" von 1523. Doch blieb dies zunächst ohne Folgen für die Verfassung der lutherischen Kirchengemeinden.
Zwar gab es in bestimmten reformatorischen Gemeinden bald Kirchenvorstände, etwa in der Kurpfalz, wo seit 1571 "Älteste" den Gemeinden vorstanden. Meistens setzte sich aber eine obrigkeitliche Kirchenverfassung durch: Der politische Machthaber war Oberhaupt der Kirche. Mit Hilfe des "Konsistoriums", eines Rates, der ihm unterstand, redete er bei allen Angelegenheiten der Gemeinden mit, bestimmte die Pfarrer und regelte ihre finanzielle Ausstattung.
Der "Kirchenvorstand": Gemeindeleitung seit dem späten 19. Jahrhundert
Erst mit den politischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen auch im Luthertum vermehrt "Presbyterien" und "Synoden" auf. 1815 wurde die Rheinpfalz mit ihren - von Kirchenvorständen geleiteten - Gemeinden zu Bayern hinzugerechnet. Nach ihrem Vorbild wurden in allen evangelischen Gemeinden Bayerns Kirchenvorstände eingeführt. Dabei wurden die Kirchenvorsteher von der Obrigkeit ausgewählt - oder die Familienoberhäupter einer Gemeinde wählten. Ende des 19. Jahrhunderts hatten fast alle evangelischen Gemeinden in Bayern einen Kirchenvorstand. Seine Aufgabe war vor allem die Vermögensverwaltung für die Gemeinden.
Nach der Trennung von Kirche und Staat nach dem Ersten Weltkrieg 1918 und in den Auseinandersetzungen mit den "Deutschen Christen" im Dritten Reich begannen viele Kirchenvorstände, das Gemeindeleben in allen Belangen selbstbewusst zu gestalten - ähnlich den Ältesten der Urgemeinde. Das ist bis heute so geblieben.