Ein Großteil der Kirchensteuereinnahmen der Landeskirche kommt direkt oder indirekt den Kirchengemeinden und Dekanatsbezirken zugute.
Im Rahmen des innerkirchlichen Finanzausgleichs erhalten die Gemeinden für ihre Aufgaben direkt finanzielle Mittel überwiesen. Um diese Beträge bis 2023 vor größeren Schwankungen zu bewahren und damit den Kirchengemeinden eine Planungssicherheit zu geben, erfolgt die Berechnung in Zukunft nach dem „gleitenden Durchschnitt“ aus den drei vorausgehenden Haushaltsjahren.
1. Grundsätzliches
Die Kirchengemeinden haben gemäß Art. 82 Abs. 3 Kirchenverfassung i. V. m. § 1 Abs. 3 und § 2 Finanzausgleichsgesetz unter Berücksichtigung des Kirchensteueraufkommens und ihres Bedarfs einen Rechtsanspruch auf einen angemessenen Teil am landeskirchlichen Kirchensteueraufkommen. Diese Grundsatzregelung geht zurück auf die bereits 1934 erfolgte Einführung der „Einheitsumlage für die Orts- und Landeskirchensteuer“, wodurch das vorherige System der getrennten Erhebung der Ortskirchensteuer und der Landeskirchensteuer abgelöst worden ist. Seit dem Jahr 2007 erfolgt die Berechnung des kirchengemeindlichen Anteils im Rahmen des „Neuen Innerkirchlichen Finanzausgleiches“.
2. Planungssicherheit auch bei schwankendem Kirchensteueraufkommen
Dessen im Wesentlichen an der Gemeindegliederzahl orientierte und damit einfache, flexible, transparente und gerechte Systematik hat sich in den vergangenen 10 Jahren bewährt.
Um die Verlässlichkeit und kontinuierliche Entwicklung des Punktwertes zu gewährleisten, wurde von der Gemeinde- und Kirchensteuerabteilung im Landeskirchenamt eine Schwankungsrücklage gebildet, um im Falle eines Rückgangs des Kirchensteueraufkommens im Interesse der Kirchengemeinden ausgleichend reagieren zu können. Aufgrund der 2015 erfolgten Änderung der Haushaushaltsordnung und des bilanziellen Fehlkapitals der Landeskirche ist die Bildung solcher Rücklagen derzeit jedoch nicht mehr möglich.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig geworden ein System zu finden, das einerseits der Perspektive rückläufiger Finanzkraft der Landeskirche auch im Gemeindebereich Rechnung trägt, andererseits den Kirchengemeinden, Gesamtkirchengemeinden und Dekanatsbezirken auch künftig Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die nächsten Jahre gibt. Das Finanzausgleichsgesetz (RS 438) ist deshalb mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2017 wie folgt geändert worden (Vgl. KABl 2016/1 S. 14).
3. Berechnung nach dem gleitenden Durchschnitt der drei vorhergehenden Haushaltsjahre
(1.) Das Budget für (Gesamt-)Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke wird von der aktuellen Kirchensteuerentwicklung entkoppelt. Das bedeutet, dass Kirchensteuer-Mehr- oder Mindereinnahmen nicht mehr relevant sind. Damit wird der Gemeindebereich vom Risiko mittelfristig erwarteter Rückgänge beim Kirchensteueraufkommen entlastet; er partizipiert aber – anders als bisher – nicht mehr an Zuwächsen, womit in den vergangenen acht Jahren die laufenden Baumittel des Gemeindebereichs (insb. Pfarrhaus-, Energie- und Kirchensanierungsfonds) ganz erheblich verstärkt werden konnten.
(2.) Bezugsbasis für die Planung des Gemeinde-Budgets ist künftig stattdessen der gleitende Durchschnitt der Haushalts-Plan-Ansätze des Gemeindebudgets zuzüglich der Kirchensteuer-Mehreinnahmen des Gemeindebereichs aus den drei vorhergehenden, durch Jahresrechnung abgeschlossenen Haushaltsjahren.
(3.) Tarifsteigerungen sind aus dem sich gemäß (2.) ergebenden Budgets zu erbringen. Das ist – neben dem Wegfall der Beteiligung an Kirchensteuermehreinnahmen – der Beitrag des Gemeindebereichs zur Vorsteuerung.
(4.) Diese Neuregelung tritt für das Haushaltsjahr 2017 in Kraft. Bezugsbasis dafür ist der gleitende Durchschnitt der Plan-Ansätze des Gemeindebudgets zuzüglich der Kirchensteuermehreinnahmen des Gemeindebereichs aus den drei vorhergehenden Haushaltsjahren 2013, 2014 und 2015. Für das Haushaltsjahr 2018 werden dann die Ergebnisse der Jahre 2014 bis 2016 zugrunde gelegt.
(5.) Die Neuregelung soll zunächst für 7 Jahre gelten (HH-Jahre 2017 bis 2023). In 2021 erfolgt eine Evaluation.
4. Durchschnittlich 147 Mio. Euro werden direkt verteilt
Auf diese Weise wird das Budget für (Gesamt-)Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke im Durchschnitt der Jahre bis 2023 jeweils rund 147 Mio. € betragen. Im Haushaltsjahr 2016 erhalten die (Gesamt-) Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke davon ca. 79,5 Mio. € (bei einem Punktwert von 144,61 €) direkt in Form der Schlüsselzuweisungen. Weitere Bestandteile des Gesamtbudgets sind
a) die Sonderzuweisungen für außergewöhnliche, im landeskirchlichen Interesse anerkannte Belastungen, für Kindertagesstätten, für Sonderseelsorge, Jugendfreizeitheime, für die Anmietung von Pfarrdienstwohnungen (8,3 Mio. €),
b) Bedarfszuweisungen für Baumaßnahmen (19,7 Mio. €), c) Mittel für die Kirchengemeindeämter und (Gesamt)Verwaltungsstellen (27,5 Mio. €) sowie die Personalkosten für die theologisch-pädagogischen Mitarbeitenden gemäß Landesstellenplanung (4,5 Mio. €).
5. Die Tarifentwicklung soll zusätzlich ausgeglichen werden
Die Gemeinde- und Kirchensteuerabteilung im Landeskirchenamt beabsichtigt, die personalkostenrelevanten Anteile der genannten Zuweisungsbereiche auch in den kommenden Jahren entsprechend der Tarifentwicklung anzupassen. Infolge der bezeichneten Deckelung des Gemeindebudgets auf ca. 147 Mio. € sind dann aber Mittelkürzungen bei den Sachkostenzuweisungen, insbesondere für Baumaßnahmen unvermeidlich. Umso wichtiger ist die Verstärkung der laufenden Baumittel durch den Kirchensanierungsfonds der Landeskirche. Der Kirchensanierungsfonds wurde zur langfristigen Sicherung der Kirchen in den letzten Jahren eingerichtet.
(Auszug aus dem Rundschreiben der Gemeinde- und Kirchensteuerabteilung im Landeskirchenamt vom 05.02.2016 an alle Dekanate und Pfarrämter)
Alexander Esser, Landeskirchenamt