Rederecht der Gäste in der Kirchenvorstandssitzung

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Inwieweit dürfen Gäste einer öffentlichen Kirchenvorstandssitzung “mitreden”, also Fragen stellen, Anregungen bringen oder auch Kritik? Vor, während oder nach der Sitzung? Nur zu Tagesordnungspunkten oder auch zu Allgemeinem. Gibt es hier eine rechtliche Grundlage? Dazu zunächst eine Klärung: Teilnehmende an Kirchenvorstandssitzungen unterscheiden sich in ihrem Rechtsstatus:

  • Mitglieder des Kirchenvorstandes haben Rederecht und Stimmrecht.
  • Manche Mitglieder im Kirchenvorstand haben nur Rederecht, z.B. eine Vikarin oder ein Kirchenmusiker nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 KGO.
  • Vom Kirchenvorstand eingeladene Gäste haben Rederecht.
  • Die Öffentlichkeit hat weder Rede- noch Stimmrecht.


1. Müssen die Kirchenvorstandsitzungen öffentlich sein?
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 KGO sind die Sitzungen des Kirchenvorstandes in der Regel öffentlich abzuhalten. Der Kirchenvorstand ist aber berechtigt, durch Beschluss die Öffentlichkeit auszuschließen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 KGO). Für diesen Beschluss muss er keine besonderen Gründe haben oder nennen.
Neben dem Interesse an Transparenz und der Beteiligung der Kirchengemeinde an der Gemeindeleitung gibt es auch das Interesse der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, ungestört und geschützt beraten zu können. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit eines Kirchenvorstandes. Daher ist der Kirchenvorstand frei, über die Frage der Öffentlichkeit seiner Sitzungen zu entscheiden.
2. Wer hat Rederecht bei einer öffentlichen Sitzung?
Findet eine Sitzung öffentlich statt, dann haben die Personen, die dort als Öffentlichkeit erscheinen, im Grundsatz kein Rederecht. Das Rederecht kann aber vom Organ selbst, also dem Kirchenvorstand, eingeräumt werden. Das geschieht aber nicht schon durch die Einladung zur öffentlichen Sitzung. Der Kirchenvorstand könnte spontan darüber abstimmten, ob die erschienenen Personen gehört werden sollen oder nicht. Denkbar ist auch eine - ggf. unausgesprochene – Übereinkunft im Kirchenvorstand, dass der oder die Vorsitzende in der Sitzung des Kirchenvorstandes über das sinnvolle Maß einer Beteiligung an der Beratung entscheidet. Er muss dann bei sachfremden und ausufernden Beiträgen für Disziplin sorgen und unter Umständen das Rederecht wieder entziehen. Bei Einwänden aus dem Kirchenvorstand gegen das Rederecht des öffentlichen Publikums ist eine formale Abstimmung erforderlich, ob der Kirchenvorstand die Personen anhören will.
3. Kann der Kirchenvorstand die Öffentlichkeit während der Sitzung ausschließen?
Der Kirchenvorstand ist auch während der öffentlichen Sitzung noch berechtigt, die öffentliche Sitzung in eine nicht-öffentliche zu verwandeln. Dazu muss er gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 KGO einen Beschluss fassen, den er nicht weiter zu begründen braucht. In diesem Fall wäre dann die gesamte Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Hausrecht liegt beim Kirchenvorstand, der somit berechtigt ist, u. U. Einzelpersonen oder das gesamte Publikum zum Verlassen des Raumes zu veranlassen.
4. Was gilt für geladene Gäste und fachkundige Berater?
Von den Personen, die die Öffentlichkeit darstellen, unterscheiden sich die Personen, die der Kirchenvorstand in seine Beratung hinzuzieht, da ihm diese anzuhören zweckdienlich erscheint (nach § 40 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KGO). Diese Personen haben Rederecht, sie werden ja gerade eingeladen, da sie sachkundige Beiträge zum Thema leisten sollen. Dieses Hinzuziehen muss grundsätzlich der Kirchenvorstand beschließen. Die/der Vorsitzende kann die Personen, die anzuhören ihm zweckdienlich erscheint, aber im Rahmen der Vorbereitung der Kirchenvorstandssitzung schon einladen. Bei Einwänden aus dem Kirchenvorstand muss vom Kirchenvorstand formal abgestimmt werden. 


Johannes Bermpohl, Rechtsreferent im LKA